73% der Eltern in Deutschland haben mit wählerischen Essern zu kämpfen – Ernährungsexperten geben Tipps zum Umgang mit „Picky Eaters“ und für ein stressfreies Abendessen
Was koche ich heute für mein Kind? Tipps für eine gesunde Balance bei wählerischen Essern
Ganz Deutschland diskutiert gerade über einen zuckrigen „Kinder-Keks“ und baby- bzw. kindgerechte Ernährung. Aber wie ernähre ich ein Kind gesund und ausgewogen? Eine Frage, die sich viele Eltern jeden Tag aufs Neue stellen. Vor allem dann, wenn sich der Nachwuchs in einer trotzigen Phase befindet und nur bestimmte Lebensmittel zu sich nehmen will, viele generell ablehnt oder sich spontan entscheidet, vegetarisch leben zu wollen.
Wählerische Esser im Allgemeinen, die sogenannten „Picky Eaters“, sind keine seltene Spezies. Laut einer repräsentativen, von HelloFresh in Auftrag gegebenen GfK-Umfrage in Deutschland unter Eltern mit Kindern zwischen drei und zwölf Jahren haben knapp 73 Prozent der Befragten Erfahrung mit wählerischen Essern am Tisch. Dabei ist Gemüse – wenig überraschend – immer noch die Lebensmittelkategorie, die am häufigsten von Kindern verweigert wird (37 %). An zweiter Stelle kommt Fisch (26 %) und darauf folgt schon Fleisch (18 %). „Kinder haben eine angeborene Tendenz zum Süßen, da sie vor allem Energie benötigen und Zucker ein Energielieferant ist. Gemüse ist häufig nicht süß und hat eine für Kinder ungewohnte Textur“, sagt Prof. Dr. Christoph Klotter, Ernährungsexperte und Psychologe. Ein weiterer Grund, warum Kinder vor allem Gemüse verweigern, ist, dass Eltern etwas als gesund verkaufen und für Kinder gilt „gesund = schmeckt nicht“, so der Experte.
Insgesamt ärgert es über die Hälfte der Eltern, wenn ihr Kind sagt, es mag das Essen nicht und knapp 15 Prozent streiten sich deshalb sogar mit dem Partner. Aber es hat noch weit mehr Auswirkungen: Bei über einem Drittel sorgen wählerische Esser für Stress (36 %), dicht gefolgt von Frustration (34 %) und Enttäuschung (33 %). Auffällig ist auch, dass sie bei 20 Prozent der befragten Frauen zwischen 20 und 29 Jahren Unsicherheit auslösen.
Um ihr Kind dennoch mit wichtigen Vitaminen und Nährstoffen zu versorgen, werden viele Eltern (45 %) kreativ und greifen auf verschiedene Tricks und Methoden zurück:
Prof Dr. Klotter rät Eltern hier entspannt zu bleiben und das Thema mit Gelassenheit anzugehen. „Druck machen, macht keinen Sinn“, sagt er. „Sobald es möglich ist, sollten Eltern lieber argumentieren und auf der Transparenzebene bleiben anstatt das Gemüse heimlich unterzumischen.“
Emma Sheppard, Head of Product bei HelloFresh stimmt dem Experten zu: „Im ersten Schritt sollten Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und Gemüse zu einem festen Bestandteil der gemeinsamen Mahlzeiten machen. Wenn Kinder etwas aber wirklich nicht mögen, sollte man keine große Sache daraus machen, sondern es einfach zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal versuchen.“
Inzwischen stellt sich aber nicht mehr nur die Frage „Vegetarier oder Allesesser?“. Viele neue Ernährungsformen, wie Paleo oder Veganismus, sowie Unverträglichkeiten, wie Gluten- oder Fuctoseintoleranz, beeinflussen inzwischen das Koch- und damit auch das Essverhalten der Deutschen – und damit auch das ihrer Kinder.
Mehr als ein Drittel der Befragten denkt, dass Kinder die Ernährungsweisen ihrer Eltern übernehmen sollten, um sich mit einer bewussten Ernährung auseinanderzusetzen. Genauso viele sind aber auch der Meinung, dass dies erst ab einem bestimmten Alter passieren sollte. Fast 40 Prozent stehen dem ganzen eher kritisch gegenüber und denken, dass Kinder, die nach einer bestimmten Diät oder Ernährungsform leben, nicht genügend Nährstoffe bekommen und ihren Geschmack nicht richtig entwickeln können. Tatsächlich ist es so, dass der Geschmack der Kinder sich in den ersten sechs bis sieben Lebensjahren entwickelt und in dieser Zeit nachhaltig geprägt wird. Christoph Klotter empfiehlt: „Kinder sollten nicht in ein bestimmtes Raster gepresst werden und selbst entscheiden, was sie essen möchten. Sie essen instinktiv das, was sie brauchen.“
Isst mein Kind gesund genug?
Drei Viertel der befragten Eltern sind davon überzeugt, dass sie ihrem Kind genug über gesunde Ernährung beibringen und 70 Prozent sagten, dass ihr Kind genug Gesundes isst. Allerdings gab auch mehr als jeder vierte Befragte zu, dass das eigene Kind zu eintönig isst.
Da Kinder in bestimmten Phasen nur bestimmte Speisen essen und sich dann auch immer das gleiche zu Essen wünschen, kochen über 40 Prozent sehr oft die gleichen Gerichte oder richten das Abendessen nach den Wünschen des Kindes bzw. der Kinder aus (31 %). Es fehlt an Inspiration (42 %) und Ideen für gesunde Mahlzeiten (57 %), die der ganzen Familie schmecken. Über die Hälfte wünscht sich außerdem, dass Kochen für die ganze Familie einfacher und schneller gehen würde.
Eine Möglichkeit wieder Spaß in den Kochalltag zu bringen und dabei gleichzeitig den Kindern Lebensmittel und Essen näher zu bringen, ist das gemeinsame Kochen. Die Hälfte der befragten Eltern sagt, dass sie offener für Neues oder bisher Ungeliebtes sind, seitdem sie gemeinsam mit ihren Kindern kochen. Die Freude auf das Essen steigt so automatisch.
Das bestätigt auch der Experte: „Das Stichwort lautet: Partizipation! Kinder sollten so früh wie möglich bei den Essensvorbereitungen miteinbezogen werden und diese aktiv mitgestalten. Durch diese Art des Heranführens fühlen sie sich autonom und kompetent. Eine Studie zeigt, dass Kinder, die früh einbezogen werden, sich auch zwanzig Jahre später noch abwechslungsreicher ernähren.“
Zur HelloFresh Umfrage:
Die GfK hat im Auftrag von HelloFresh 1.000 Männer und Frauen im Alter zwischen 20 und 59 Jahren gefragt, die selbst Elternteil eines Kindes im Alter zwischen 3 und 12 Jahren sind und mit diesem zusammenleben. Die Grundgesamtheit beträgt ca. 9.081.00 Personen (deutschsprachige Bevölkerung). Die Feldarbeit dieser Untersuchung erfolgte in der Zeit vom 08.08.2017 bis 18.08.2017.
Zu Prof. Dr. Christoph Klotter:
Prof. Dr. habil. Johann Christoph Klotter ist Gesundheitspsychologe und Ernährungspsychologe. Er ist unter anderem Dozent für Gesundheitspsychologie und Ernährungspsychologie an der Hochschule Fulda. Zur Vita: https://www.hs-fulda.de/oecotrophologie/ueber-uns/professuren/profil/person/prof-dr-johann-christoph-klotter-312/contactBox/